Oktober 2006 - Tiffany Records
CD-Review von Salsa DJ El Rumbero (Berlin)
Also schon wieder "Back To The Classics". Hmmm. Dieses Rezept scheint jetzt sowas wie ein Allheilmittel zu sein. Man nehme ein paar Superhits aus alten Tagen, ein gutes ( hier ein sehr sehr gutes ) Orchester, mische das ganze professionell ab ( der Sound dieser CD ist schon hörenswert! ) und fertig ist die Sosse.
Die Gefahr, die dabei lauert, ist die, dass die Sosse leicht fade geraten kann und abgestanden schmeckt. Das finde nicht nur ich sondern auch ein Kollege von descarga.com. Man lese Abel Delgados hervorragenden Artikel "Making Salsa Dura Harder" . Er stellt fest, dass sich die Salsa mal wieder in einer Krise befindet - ähnlich der Situation Mitte der 90er als alles in einer industriell hergestellten romantischen Einheits-Tüten-Sosse zu münden drohte. Nun ja, so schlimm ist es jetzt nicht, aber es fällt schon auf, dass die zündenden Ideen fehlen. Zumindest bei den Künstlern, die augenblicklich noch die Möglichkeit besitzen, CDs bei Plattenfirmen zu produzieren. Da wird dann halt auf "Bewährtes" zurückgegriffen.
Ich persönlich denke, die neuen Ideen sind schon noch da! Es fehlt manchmal nur die Möglichkeit, eine CD zu produzieren, denn neue Talente werden von den grossen Plattenfirmen überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Beispiele von jungen frischen Bands gibt es zu Hauf ( La 33, Cubanoson .... ), die ich hier an dieser Stelle auch auch schon vorgestellt habe.
Nun aber vom Allgemeinen zum Speziellen. Wie verhält es sich also mit der CD, die ich heute bespreche. "Back To The Classics" ist für mich sozusagen die CD zum oben erwähnten Artikel. Mit allen Fehlern, die man machen kann, wenn man alte Hits wieder aus der Versenkung holt. Ist die CD deshalb schlecht? Nein!!
Wie ich schon erwähnte: Das Orchester von Timbalero Johnny Cruz ist wirklich toll, es hat Swing, die Musiker wissen, was sie tun. Hinzu kommt: Die Liste der Gast-Sänger ist beeindruckend. Unter anderem gibt es ein Wiederhören mit Ray Sepulveda ( "No Vale La Pena" wird wohl immer an ihm haften ... ), Adalberto Santiago und Frankie Vazquez ( Soneros Del Barrio ). Die Aufnahmen wirken frisch, die Arrangements entfernen sich nicht allzusehr von den Originalen. Und die Auswahl der Hits, die neu aufgenommen wurden, stellt schon eine echte Herausforderung an eine Salsa-Band dar.
Aber hier liegt auch schon der erste Fallstrick, über den man stolpern kann und den Abel Delgado in dem o.g. Artikel analysierte. Was macht es für einen Sinn gegen ein allseits bekanntes Original mit einer allseits bekannten Stimme wie Ruben Blades, Celia Cruz etc. anzutreten. Da kann man nur verlieren! Das krasseste Beispiel im Fall dieser CD ist der alte Gran-Combo-Hit "Un Verano En Nueva York". Gran Combo Sänger im Original war Andy Montanez. Die neue Version beginnt sogar mit dem Chor am Anfang noch recht gut, aber so wie der Sänger ( in diesem Fall Adalberto Santiago ) einsetzt, gilt: Looserkarte gezogen! So der erste Eindruck. Die Fallhöhe bei solch derart bekannten Songs ist auch für gestandene Sänger wie Adalberto Santiago beträchtlich. Obwohl das Lied ansonsten nicht schlecht wiederaufgenommen wurde und mit zu den Besten der CD zählt. Hätte ich diese Version zum ersten Mal gehört ( vor dem Original ) - ich würde sagen: Whow ... was für ein Hammer! Aber ich höre das eben nicht zum ersten Mal ... und genau hier liegt das Problem. Delgados Rezept für solche Fälle lautet: Wenn man keine eigenen genialen Einfälle hat (was verzeihlich ist), dann gehe man einfach in der sehr reichen Historie der Latino-Musik noch ein paar weitere Jahre zurück und bediene sich bei den Uralt-Klassikern. Da gibt es noch einige nicht gehobene Schätze.
Und so weit muss man gar nicht gehen. Ein Positiv-Beispiel auf der CD ist Nada De Ti eine Palmieri-Komposition, die ich noch nicht kannte. Hier war ich frei von jeglicher Erwartungshaltung. Selbst unbewusste Vergleiche fallen weg und was hörte ich: Ein Klasse-Song, ein Klasse Orchester und richtig gute Salsa! Dasselbe gilt für den Adalberto Alvarez-Song Hepocrecia - für mich auch einer der Besten der CD.
Noch einen Andy Montanez - Hit finden wir auf der CD: El Swing wirklich sehr nahe am Original arrangiert aber - und das ist gut so - wesentlich langsamer als das etwas hektischere Original. Salsa im Midtempo. Und das ist schon wieder originell. Und hier kommt Sänger Adalberto Santiago dem Andy Montanez schon wesentlich näher. Nicht schlecht!
Richtig Power hat Ismael Miranda's Ahora Si - Sänger Jose "Cheo" Medina schlägt sich gegenüber dem Original erstaunlich gut. Dies ist auch bei dem zweitem von ihm gesungenem Song Pa' Bravo Yo ( Original Justo Betancourt ) der Fall. Puerto Rico von Frankie Ruiz - jetzt von Frankie Vazquez gesungen - zählt hingegen für mich wieder eher zu den Songs, die ob des fehlenden Originalsängers doch gewöhnungsbedürftig sind. Auch Bobby Valentin's La Boda De Ella und den vom Lalo Rodriguez ( mit Orchester von Eddie Palmieri ) im Original gesungenen Song Tu No Sabes Querer ( jetzt Ray Sepulveda ) zählen nicht unbedingt zu meinen Favoriten dieser CD.
Fazit: Zwiespältig, auf jeden Fall tolle Salsa, ein richtig gutes Orchester, swingende Salsa... aber leider keine neuen Ideen.
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Und hier die Titel und Komponisten
No. | Titel | Komponist | Zeit |
1 | El Swing | Chiquitin Garcia | |
2 | Tu No Sabes Querer | Lalo Rodriguez | |
3 | Hepocrecia | Adalberto Alvarez | |
4 | La Boda De Ella | Bobby Valentin | |
5 | Ahora Si | Ismael Miranda | |
6 | Puerto Rico | Almado Napoleon | |
7 | Nada De Ti | Eddie Palmieri | |
8 | Alejate | Raul Rene Rodado | |
9 | Pa Bravo Yo | Ismael Miranda | |
10 | Un Verano En Nueva York | Justi Barrero |
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